Wichtiges über verschiedenartige Checklisten und wie Sie diese erfolgreich einsetzen, um Fehler zu vermeiden, lesen Sie hier:
1. Mangelhafte Abarbeitung von Checklisten und Flugunfälle
Checklisten sind eines von vielen Werkzeugen, die ein Team anwendet, um die Sicherheit zu maximieren. Auch wenn Piloten schon zahlreiche Starts und Landungen erfolgreich gemeistert haben, werden sie dabei nie auf ihre Checklisten verzichten.
Beide Phasen des Fluges erfordern viele einzelne Arbeitsschritte. Das Auslassen eines einzigen, beispielsweise die Flügelklappen in die korrekte Position zu bringen, kann fatale Folgen haben. Leider haben sich genau deswegen tatsächlich schon Flugunfälle ereignet. Somit leuchtet uns ein, warum die Verifikation eines jeden Arbeitsschrittes anhand einer Checkliste unabdingbar ist.
2. Risikoreiche Situationen in der modernen Medizin
Nachfolgend betrachten wir risikoreiche Situationen im medizinischen Alltag, die durch die unzähligen Möglichkeiten, in einem komplexen Arbeitsumfeld folgenschwere Fehler zu machen, mitbedingt werden. Selbstredend dürfen solche Fehler nicht die Sicherheit unserer Patienten gefährden, sondern müssen frühzeitig vom behandelnden Team entdeckt werden.
2.1. Beim richtigen Patienten muß die richtige Seite operiert werden
Leider ist schon einem Patienten der falsche Unterschenkel amputiert worden. Wie konnte es zu einem für diesen Patienten so folgenreichen Fehler kommen? Wie stellen wir als Team sicher, daß wir einen solchen vermeiden?
2.2. Wir sichern einer bewußtlosen Patientin die Atemwege
Gerade im Rettungsdienst ist die Sicherung der Atemwege durch Einleitung einer Narkose und Intubation riskant. Die Patienen sind nicht nüchtern, zur Anatomie ihrer Atemwege gibt es keine Voruntersuchung. Teilweise haben wir mit alkholisierten Patienten zu tun oder solchen, die sich bereits übergeben haben. Überdies können die räumlichen Gegebenheiten sowie die Beleuchtung alles andere als günstig sein.
In einer also manchmal herausfordernden Lage müssen wir trotzdem alles was wir zur technischen Überwachung, zur Einleitung der Narkose sowie zur Intubation brauchen, lückenlos herrichten und beide Maßnahmen dann Schritt für Schritt ausführen.
3. Die in der Luftfahrt gebräuchlichen Checklisten
Es existieren mehrere Möglichkeiten, Checklisten in verschiedene Typen zu unterteilen. Hier werden wir uns eine häufig angewandte Klassifizierung ansehen.
3.1. Arten von Checklisten
Checklisten finden in der Routine der Luftfahrt verbreitet Anwendung. Die sogenannten normalen Checklisten umfassen die beiden Typen „Lesen und Verifizieren“ sowie „Aufgabe und Lösung“. Für Notfallsituationen gibt es eigene Checklisten, welche als „Lesen und Handeln“ klassifiziert werden.
Lesen und Verifizieren (Read and Verify)
In solchen Checklisten sind nacheinander Handlungen in der richtigen Reihenfolge aufgeführt. Üblicherweise werden diese Checklisten im Geist durchgegangen, während die Handlungen vollzogen werden. Die Checkliste wird nur zur Überprüfung der Vollständigkeit zur Hand genommen. Solche Checklisten gehen Piloten zum Beispiel bei der Vorbereitung unmittelbar vor ihrem Flug durch.
Aufgabe und Lösung (Challenge and Response)
Hierbei fragt ein Teammitglied ein weiteres nach bestimmten Fakten, das zweite bestätigt oder reagiert entsprechend, wenn der Punkt noch nicht oder falsch abgearbeitet wurde. Ein Beispiel sind einzelne Parameter die bei der Landung eines Flugzeuges beachtet werden müssen.
Lesen und Handeln (Read and Do)
Diese Checklisten werden in Notfällen in der Luftfahrt angewendet, wenn zum Beispiel ein Zwischenfall aufgetreten ist. Sofort ergreifen Pilotinnen oder Piloten die ersten Maßnahmen aus dem Gedächtnis, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Sodann nehmen sie die für die Situation entsprechende Checkliste zur Hand, lesen die Punkte darauf, handeln entsprechend und überprüfen noch einmal ihre ersten Maßnahmen.
3.2. Die korrekte Anwendung von Checklisten ist bedeutend für den Erfolg
Um wirklich erfolgreich zu sein, sollten Checklisten konsequent angewendet werden, das heißt jedes Mal, wenn der betreffende Vorgang abgearbeitet wird. Zudem müssen Checklisten regelmäßig auf ihre Aktualität hin überprüft werden. Wichtig ist auch die wirkliche Überprüfung der einzelnen Unterpunkte.
Es ist wenig hilfreich, wenn beispielsweise auf einer Checkliste für die Operationsvorbereitung steht „Markierung der zu operierenden Seite überprüfen“, der OP-Pfleger aber lediglich diesen Punkt aus der Patientenakte abliest ohne die Patientin wirklich auf die Markierung hin zu untersuchen.
In unserem hektischen Alltag werden wir immer wieder in unserer Tätigkeit unterbrochen, auch beim Abarbeiten einer Checkliste. Wir müssen trotzdem sicherstellen, daß wir alle Punkte beachtet haben.
Wenn wir bei der Bearbeitung einer Checkliste unterbrochen werden, sollten wir sie bewußt wieder aufnehmen und dabei drei Punkte zurückgehen.
3.3. So werden Checklisten erarbeitet
Es ist außerordentlich wichtig, eine Checkliste initial in einer sinnvollen Reihenfolge und vollständig aufzusetzen. Zudem sollte die fertige Checkliste einfach zu handhaben sein, damit sie unterstützend wirkt und nicht durch zu viele Details Konzentration kostet, die die Teammitglieder für die eigentliche Arbeit benötigen.
4. Beispiele für Checklisten in der Medizin
Als CRM seinen Weg in die Medizin genommen hat, wurde auch der Einsatz von Checklisten übernommen. Anhand der beiden oben genannten Beispiele, der Aufnahme eines Patienten in den OP und der Sicherung der Atemwege, sehen wir uns nun an, welche Checklisten ein Team dabei sinnvoll einsetzen kann.
4.1. Checklisten in der OP-Vorbereitung
Präoperative Checklisten, die von Anästhesieseite und den Operateuren gemeinsam abgearbeitet werden, sind ein wichtiges Element, um sicherzustellen, daß der richtige Patient auf der richtigen Seite den richtigen Eingriff erhält.
Während der Patient von einer Anästhesistin in den OP aufgenommen wird, ist eine kurze Checkliste vom Typ „Lesen und Verifizieren“ hilfreich. Sie muß nur wenige Punkte enthalten, die aus dem Gedächtnis heraus abgearbeitet werden. Zu diesen gehören:
- Identität des Patienten, am besten vom Patienten selbst bestätigt
- Kontrolle des Patientenarmbandes und der Akte
- Patient wird, wenn möglich, gebeten, den anstehenden Eingriff selbst zu benennen
- Kontrolle der Markierung mit wasserfestem Stift an der entsprechenden Körperregion
- Abfrage von Allergien
- zusätzlich sollten z. B. Lagerung, Anästhesieverfahren und besondere Hinweise überprüft werden
Während des sogenannten Team-Time-Outs, in welchem Operateure und das Anästhesieteam noch einmal gemeinsam die wichtigen Punkte abarbeiten, kann diesselbe Checkliste noch einmal kurz wiederholt werden oder eine vom Typ „Aufgabe und Lösung“ angewandt werden. Dieses Mal benennen die Operateure den Patienten, den Eingriff, Allergien sowie Besonderheiten, die Anästhesistin bestätigt oder korrigiert die Angaben entsprechend, damit sichergestellt wird, daß wirklich alle Punkte richtig sind.
4.2. Eine außergewöhnliche Checkliste für die Intubation
Für die präklinische Intubation wurde von der Rotkreuz-Akademie Tirol eine besonders pfiffige Checkliste entwickelt: IN-GE (Intubations-Geräteunterlage), ein Tuch zur einmaligen Verwendung, auf dem alle Utensilien, die zur Intubation benötigt werden, aufgezeichnet sind. Sind sie alle an den entsprechenden Platz auf dem Tuch gelegt worden, ist das Team sicher, daß es nichts vergessen hat.
4.3. Nur noch Medizin nach Kochbuch?
Immer wieder treffen wir auf Freigeister, die sich von Checklisten in ihrem Tun beschnitten fühlen. Wie können wir ihnen näherbringen, welchen Nutzen Checklisten haben?
Zu allererst, es gibt genügend Situationen, in welchen rasches und kreatives Denken sowie schnelles Handeln erforderlich sind. Zum Beispiel bei außergewöhnlichen Diagnosen, uklaren Fällen oder bei Zwischenfällen. Genau dafür brauchen wir unseren freien Geist, dafür sollten wir ihn uns bewahren.
Wenn wir mit unseren Checklisten die Patientensicherheit erhöhen können, indem wir durch ihren korrekten Gebrauch Fehler vermeiden, sollten wir uns dafür entscheiden.
5. Wie Sie Checklisten erfolgreich in der eigenen Arbeit etablieren
Falls Checklisten neu für Sie sind, gehen wir anhand der oben schon besprochenen Punkte durch, wie Sie diese erfolgreich aufsetzen und anwenden. Falls Sie Checklisten schon fleißig verwenden, was fällt Ihnen zu den nachfolgenden Punkten ggf. zusätzlich ein?
5.1. Zuerst identifizieren Sie mögliche Anwendungsgebiete
Bei welchen Arbeitsaufgaben und -abläufen passiert es leicht, daß Sie Unterpunkte vergessen? Typische Beispiele umfassen Arbeiten, für die bestimmte Utensilien hergerichtet werden müssen. Wir alle kennen Situationen aus dem Alltag oder von Prüfungen, in welchen uns fast alle Gegenstände einfielen, nur ein bestimmter nicht oder wir ließen immer einen anderen als letzten aus. Auch Abläufe, die aus vielen Teilschritten bestehen, von welchen keiner ausgelassen werden darf, eignen sich hervorragend.
5.2. Welche Art von Checkliste soll es sein?
Anhand der oben beschriebenen Arten von Checklisten können Sie festlegen, welche Sie für welches Aufgabengebiet benötigen. Haben Sie sogar außergewöhnliche Situationen, in welchen Sie einen Notfall geschickt abarbeiten müssen?
5.3. So schreiben Sie sinnvolle Checklisten und halten diese aktuell
Überlegen Sie alle wichtigen Schritte oder Unterpunkte, die Sie auf keinen Fall auslassen dürfen und bringen Sie diese in eine sinnvolle, leicht abzuarbeitende Reihenfolge.
Hat sich etwas in Ihrem Arbeitsablauf geändert? Gründe dafür gibt es viele. So werden beispielsweise neue Prozeduren eingeführt oder neue Produkte in Arbeitsabläufe mit einbezogen. Nun gilt es, die bestehenden Checklisten entsprechend anzupassen.
5.4. Wie Sie den Gebrauch der Checklisten in den Alltag integrieren
Wie wäre es, wenn Sie Ihr Team in die Erarbeitung der Checklisten mindestens mit einbeziehen oder als Teammitglied die Erstellung von Checklisten vorschlagen? Wichtige Fragen hierzu könnten sein:
- Wer hat an welchen Stellen im Arbeitsprozeß welche Schwachstellen festgestellt?
- Was wird am häufigsten vergessen?
- An welchen Stellen ist ein solches Vergessen folgenreich?
- Führt es zu Sicherheitsrisiken?
- Wird eventuell ein Kunde verärgert sein oder verlieren Sie einen lukrativen Auftrag?
Wenn Sie die Stellen lokalisiert haben, für welche Sie Checklisten einsetzen wollen, dann entscheiden Sie über die Art der Checkliste. Achten Sie darauf, daß Sie die Balance halten was die Anzahl der einzelnen Checklisten anbelangt und auch die Anzahl der Unterpunkte.
Legen Sie gemeinsam als Team fest, wie Sie die Verwendung der Checklisten gestalten wollen. Schließlich müssen Sie die Punkte auf Ihren Checklisten nicht nur vorlesen oder memorieren, sondern auch wirklich kontrollieren oder ausführen.
Legen Sie auch gemeinsam fest, wie Sie Ihren Erfolg kontrollieren wollen. Haben Sie die Schwachpunkte erfolgreich bearbeitet? Falls nein, woran hapert es noch? Wie gehen Sie diese identifizierten Schwächen an? Falls ja, herzlichen Glückwunsch und weiterhin allen Erfolg für Ihre Arbeit!
6. Im nächsten Blogartikel befassen wir uns mit SOPs
Den Begriff Standard Operating Procedure, abgekürzt SOP, haben Sie sicher in Ihrem Berufsleben mindestens schon gehört. Manche von Ihnen werden solche bereits aktiv verwenden. Wir werden eruieren, was SOPs sind, wie man sie schreibt, wo man sie anwendet und wie man sie aktuell hält.
Autorin: Eva-Maria Schottdorf
Datum: 28. Januar 2023
Auf meiner Blogseite habe ich weitere Blogartikel für Sie verlinkt.