Über Streß, Streßmanagement und über die Relevanz für CRM lesen Sie hier:
1. Mit Begriffen fangen wir entspannt an
Am Ende des Tages ist noch ein großer Aufgabenberg übrig, die Zeit ist uns allerdings einmal mehr davongelaufen. Zu viele Anforderungen in zu vielen Bereichen unseres Lebens zerren an uns. Kaum jemand von uns, die oder der sich hier nicht wiedererkennt. Haben wir überhaupt eine Chance, jemals Land zu sehen? Wir haben natürlich keine, aber die nutzen wir jetzt. Packen wir es an.
Dabei wollen wir uns in diesem Blogartikel vornehmlich mit dem Streß befassen und uns unter Punkt 8. ansehen, warum das Thema im CRM große Relevanz besitzt, z. B. durch den Einfluß auf wichtige CRM-Komponenten wie Aufgabenverteilung und Entscheidungsfindung.
Erst im nächsten Blogartikel vertiefen wir die Zusammenhänge und Wechselwirkungen mit CRM-Prinzipien und sehen uns an, wie CRM uns hilft, in stressigen Situationen den Überblick zu behalten. Schließlich will ich Ihnen eine entspannte und wohlportionierte Lektüre bieten, ganz ohne Streß durch einen zu langen Artikel.
1.1. Definition von Streß
Als Begründer der Streßforschung gilt Hans Selye. Er definierte Streß als unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Anforderung.
1.2. Einteilung in verschiedene Unterformen
Wir unterteilen in Eustreß und Dysstreß, in Hyper- und Hypostreß, ferner in akuten und chronischen Streß.
„Eu“ bedeutet im Altgriechischen schön, gut, viel, zu diesem Sahnehäubchen von Streß kommen wir unter Punkt 2.
Das Gegenteil ist der Dysstreß. Das altgriechische Präfix „dys“ bedeutet miß-, schlecht. Dysstreß ist also derjenige, der uns schadet.
Wir unterscheiden Hyper- und Hypostreß. Die altgriechische Präposition „hyper“ über – hinaus, also Streß, der durch eine zu große Aufgabenlast bedingt ist. Die Präposition und Vorsilbe „hypo“ hingegen steht für unter, also Streß, der durch Unterforderung entsteht.
Wir unterteilen Streß, je nachdem wie lange er anhält, in akuten und chronischen Streß.
2. Eustreß läßt uns zur Hochform auflaufen
Sie haben eine wichtige Präsentation oder einen Bericht für die Geschäftsleitung vorzubereiten? Oder planen Sie, ein großes Abendessen mit ausgefeilter Menüfolge für mehrere Gäste zu geben?
Wir alle kennen solche Situationen, die eine Herausforderung darstellen und uns in Anspannung versetzen. Gleichzeitig wissen wir, daß wir diese Herausforderung meistern werden, wenn wir es richtig anstellen. Wir empfinden Eustreß.
Eine gewisse Menge an Druck, in Form von eben jenem Eustreß hilft uns, uns auf das Wesentliche zu focusieren. Wir arbeiten stringent und konzentriert, sowohl während unserer Vorbereitung, wie auch während der eigentlichen Aufgabe.
Eustreß verleiht uns die Extraportion an Elan und Kreativität, die wir jetzt brauchen. Wir nutzen ihn, um ein hervorragendes Resultat zu erzielen.
3. Hyper- und Hypostreß
3.1. Hyperstreß
Hyperstreß entsteht, wenn wir zuviel auf einmal zu erledigen haben, uns die Zeit dazu nicht reicht, und dieser Zustand über einen längeren Zeitraum anhält.
Zusätzlich machen wir uns möglicherweise noch Druck, indem wir uns kaum erfüllbare Erwartungen auferlegen und mit so manchem Resultat nicht zufrieden sein werden.
3.2. Hypostreß
Hypostreß ist die Folge von Unterforderung, sowohl was die Menge der gestellten Aufgaben angeht, als auch was das Anforderungsniveau betrifft.
Im Hypostreß läßt unsere Aufmerksamkeit nach, ebenso die Tatkraft, mit der wir sonst Dinge zügig und effizient angehen. Wir können zudem in Selbstzufriedenheit verfallen, da unser Leistungshorizont enger wird, und unser Bewußtsein für unsere Talente schlummert, wenn uns Herausforderungen fehlen.
Auch Frustration, Langeweile und das Gefühl, nicht gebraucht zu werden, können sich einschleichen und unsere Tatkraft und Motivation weiter reduzieren.
4. Dysstreß zehrt uns aus
Dieser unangenehme Streß wird durch Anforderungen ausgelöst, die unsere Kapazitäten übersteigen. Auch einschneidende Lebensereignisse wie Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust eines geliebten Menschen oder Scheidung versetzen uns in Dysstreß.
5. Sind wir akut oder chronisch gestreßt?
5.1. Die Lage ist akut
Wenn ein akuter Stressor nur kurz auf uns einwirkt, so verschwindet unsere körperliche Streßreaktion, sobald die potentielle Bedrohung vorüber ist. In manchen Fällen kann akuter Streß vorbestehende Erkrankungen zum Ausbruch bringen, z. B. Asthmaanfälle oder Blutdruckkrisen.
Mögliche Auslöser für akuten Streß sind:
- permanente akustische Signale, z. B. Alarmglocken medizinischer Geräte
- Zeitdruck
- fehlende Resourcen, um die anstehende Aufgabe zu lösen
- zu komlexe Anforderung
- akute Spannungen im Team
- permanente Unterbrechungen
- soeben passierte Fehler
- unklare Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten
- plötzliches, nicht vorhergesehenes Ereignis
- Auslöser, die Ihnen noch einfallen
5.2. Jetzt wird es chronisch
Von chronischem Streß sprechen wir, wenn wir einem permanenten Streßpegel ausgesetzt sind, der nicht nachläßt.
Mögliche Auslöser für chronischen Streß sind:
- dauerhaft zu hohe Arbeitsbelastung
- ständiger Kampf um fehlende Resourcen
- mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzte
- permanent zu dünne Personaldecke
- nicht vorhersehbare Dienstpläne mit häufigen Wechselschichten
- anhaltende berufliche Konfrontation mit Gewalt, Verletzung und Tod
- Kokurrenzkampf und schwelende Streitigkeiten
- Auslöser, die Ihnen noch einfallen
Dies kann uns dauerhaft psychisch und physisch schädigen. Mögliche Folgen sind Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schädigung von Gefäßwänden und nachfolgender Herzinfarkt, bis hin zu Krebserkrankungen.
6. Die Zeichen richtig deuten
6.1. Zeichen, die auf akuten Streß hinweisen
Die Anzeichen von akutem Streß sind schnell einsetzende, durch körpereigene Botenstoffe ausgelöste Reaktionen. Diese sind entwicklungsgeschichtlich uralt und bereiten uns auf Kampf, Flucht oder Erstarren vor. Die Botenstoffe, vor allem Adrenalin, werden wieder in ihre Bestandteile gespalten, sobald die stressige Situation vorüber ist.
Erinnern Sie sich an so manche Schrecksekunde in Ihrem Alltag, z. B. eine Vollbremsung, weil Ihnen jemand die Vorfahrt genommen hatte? Wir empfinden Schrecken, reagieren und entspannen uns wieder, sobald die Gefahr vorbei ist.
Wahrnehmen können wir z. B.:
- Erschrecken
- Herzklopfen
- Schwitzen
- schnellere Atmung
- Einschränkung des klaren Denkens
6.2. Zeichen, die auf chronischen Streß hinweisen
Wenn wir Hyperstreß oder Dysstreß lange ausgesetzt sind und dabei keine Besserung in Sicht ist, so schlägt sich die bedrückende Situation irgend wann nieder.
Körperliche Folgen umfassen:
- Schlafstörungen
- chronische Schmerzen
- Muskelverspannungen
- Magenbeschwerden
Psychische Folgen umfassen:
- labile Stimmungslage
- Angst
- Depression
- emotionaler Burnout
- Rückzug
- Reizbarkeit
- Konflikte in Beziehungen
- Antriebslosigkeit
Mögliche Folgen im Verhalten umfassen:
- Veränderte Ernährung: zuviel, zu wenig oder falsches Essen
- vermehrtes Trinken und Rauchen
- Substanz- und Medikamentenmißbrauch
- unüberlegtes und riskantes Verhalten
- Aufgabe von Sport und anderen Freizeitaktivitäten
7. Wie wir mit unerwünschtem Streß gekonnt umgehen
Wenn wir uns mit dem unerwünschten Streß auseinandersetzen, finden wir die Stressoren heraus und können diese bearbeiten. Zusätzlich können wir vorbeugende Maßnahmen ergreifen.
Je früher wir das tun, umso besser helfen wir uns selbst und unserer Leistungsfähigkeit, aber auch gestressten Menschen in unserem Umfeld.
Über die folgenden Punkte finden wir viel Literatur in Büchern oder online. Lassen Sie uns diese deshalb hier als Denkanstoß betrachten und nicht in extenso bearbeiten.
7.1. Warum empfinden wir Streß?
Zunächst hilft es uns, wenn wir analysieren, welche der oben genannten Streßformen vorliegt und was uns konkret in die unangenehme Anspannung versetzt.
Dann sollten wir überlegen, welche weiteren Gründe es für unseren Streß gibt. Fehlen uns Resourcen? Oder haben wir das Gefühl einer oder mehrerer Aufgaben nicht gewachsen zu sein?
Wenn dem so ist, können wir im nächsten Schritt überlegen, wie und wo wir die Möglichkeit haben, das nötige Wissen und Können zu erwerben. Auch unsere Einstellung können wir überdenken, z. B. das Vertrauen in unsere Fähigkeiten und unsere Ansprüche an uns selbst.
7.2. Umgang mit unserer Zeit
Wie vielfach beschrieben, obliegt es uns selbst, unsere Zeit einzuteilen und zu überlegen, was unsere Aufmerksamkeit bekommen soll und was wir weglassen wollen oder müssen.
- Was ist wirklich wichtig?
- Was können wir delegieren?
- Was können wir rationalisieren?
Zusätzlich gewinnen wir viel an dauerhafter Leistungsfähigkeit, wenn wir von vornherein Zeit für Entspannung, Treffen mit lieben und uns wichtigen Menschen sowie für Sport reservieren.
7.3. Beim Sport lassen wir den Streß von uns abfallen
Sie haben sicher selbst schon erleben dürfen, wie eine Runde Jogging im Wald oder eine spannende Tennispartie Ihnen geholfen hat, den Tag hinter sich zu lassen und zu entspannen.
Verschiedene Sportarten bewirken den Abbau unterschiedlicher Streßhormone, wie Cortisol und Adrenalin. Besonders bei Ausdauersportarten werden Glückshormone, sogenannte Endorphine, freigesetzt. Und nicht zuletzt sind wir in einer anderen Umgebung, stellen uns einer Herausforderung, haben spielerische Kontakte oder dürfen ganz alleine mit uns sein.
7.4. Ernährung und Streß
“Die beste Ärztin ist die Natur: Sie heilt dreiviertel aller Erkrankungen und spricht nie schlecht über ihre Kollegen.“
Louis Pasteur
Natürlich wissen wir, welche Lebensmittel gesund und nährstoffreich sind (Obst, Gemüse, Vollkorn, …), aber auch, was wir gerade im Streß sein lassen sollten. Da hat jede und jeder von uns ihre oder seine ganz persönliche Liste. An dieser Stelle ein großes Lob an alle von Ihnen, die mit ihrer speziellen Liste in maßvollem Genuß umzugehen wissen.
Mikronährstoffe, wie Zink, Eisen, Magenesium und Selen erfüllen wichtige Funktionen im Körper. Wir benötigen sie vermehrt, wenn unsere Leistungsanforderungen hoch sind. Wissenschaftler arbeiten daran, herauszufinden, wie sich diese Nährstoffe und Streß im Körper gegenseitig beeinflussen.
7.5. Ausreichender und erholsamer Schlaf
Auch dieses Thema bringt manche von uns um ihren Schlaf. Die Ehrgeizigen hält der Aufgabenberg noch bis spätabends auf Trab, andere unter uns grübeln. Wieder andere haben abends einmal mehr viel zu lange vor dem Bildschirm gesessen. Auch diejenigen unter uns, die regelmäßig Schicht- oder Nachtarbeit leisten, finden zuweilen schwer in das Reich der Träume.
Schlafmangel und die Sorge darüber können Streß auslösen, gleichzeitig sind wir ohne ausreichenden Schlaf anfälliger für Streß. Da chronischer Schlafmangel weitere gesundheitliche Folgen haben kann, sollten Betroffene Hilfe in Anspruch nehmen.
8. Streß und wichtige CRM-Komponenten
Wenn wir persönlichen Streß mit in unsere Teamarbeit bringen oder eine stressige Situation in unserer Arbeit entsteht, so wirkt sich dieser Streß auf unser Crew Resource Management aus. Exemplarisch wollen wir uns hier kurz den Einfluß auf die Aufgabenverteilung, die Entscheidungsfindung sowie auf die situative Aufmerksamkeit ansehen.
8.1. Aufgabenverteilung
Wenn wir in Distreß geraten, fällt es uns schwerer, Aufgaben richtig zu priorisieren und den Überblick zu behalten. Welche Aufgaben sind jetzt wichtig, was ist sekundär? Wer im Team soll was übernehmen? Wirklich Relevantes kann aus dem Blickfeld geraten und sich später als Ursache eines, möglicherweise auch schwerwiegenden, Fehlers herausstellen.
8.2. Entscheidungsfindung
Wenn wir im Streß sind und uns dazu eventuell noch in einer unübersichtlichen Situation befinden, haben wir nicht mehr den kühlen Kopf, mit dem wir sonst gute Entscheidungen fällen und dabei alle wichtigen Gesichtspunkte mit einbeziehen.
So entscheidet sich z. B. ein Rettungsteam für eine Zielklinik, in der die eigentlich benötigte Fachbteilung nicht vorhanden ist, weil es nicht alle in Frage kommenden Erkrankungen bedacht hat.
8.3. Situative Aufmerksamkeit
Unsere situative Aufmerksamkeit ist im Streß eingeschränkt, mit der Folge, daß uns wichtige Informationen aus unserer Umgebung nicht erreichen. So können wir z. B. eine Mitteilung eines Teammitgliedes schlichtweg überhören. Zusätzlich erkennen wir Gefahren möglicherweise zu spät, weil wir Warnzeichen nicht rechtzeitig gesehen haben.
8.4. Wichtige Hilfen im CRM bei Streß
Standard operating procedures, kurz SOPs, also Anleitungen für standardisiertes Vorgehen und Checklisten wollen wir als Beispiele für Hilfsmittel, die uns im Streß hervorragende Dienste leisten, kurz beleuchten.
Standard operating procedures
Eine SOP enthält alle wichtigen Arbeitsschritte für eine Prozedur in der richtigen Reihenfolge oder ein Flußdiagramm. Diese Merkhilfe vor uns zu haben, hilft uns, gerade in einer stressigen Lage, nichts zu übersehen.
Checklisten
Checklisten enthalten alle relevanten Punkte, z. B. alle Materialien, die wir für die Sicherung der Atemwege im Rettungsdienst benötigen. So stellen wir sicher, daß wir alles vorbereitet haben, und unser Eingriff nicht durch sekundäres Suchen nach Utensilien unterbrochen wird, was gefährlich werden kann.
8.5. Herausfordernde Situationen werden gezielt trainiert
Bestimmte Manoeuver in der Luftfahrt, wie Landungen bei extremen Wetterbedingungen, bereiten natürlich mehr Streß als Standardsituationen. Daher werden sie in Simulatoren gezielt trainiert, bis die Pilotinnen und Piloten sie sicher beherrschen. Sind wir auf eine solche Situation vorbereitet, so sind wir an sie gewöhnt und geraten dadurch weniger leicht in Streß.
Nach diesem langen Blogartikel wünsche ich Ihnen nun einen entspannten Moment voller Leichtigkeit und Genuß.
9. In meinem nächsten Blogartikel lesen Sie:
Wir vertiefen, wie Streß wichtige Komponenten des CRM beeinflußt und beleuchten die Wechselwirkung von Streß mit diesen Komponenten näher. Dabei gehen wir auch auf die Rolle von Streß bei Flugunfällen ein.
Selbstverständlich widmen wir unsere Aufmerksamkeit auch dem Training, das uns auf stressige Situationen vorbereitet.
Hier erfahren Sie mehr zu meinen CRM-Seminaren.
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Autorin: Eva-Maria Schottdorf
Datum: 23. April 2021